So entkommst du der People-Pleasing-Falle!

Du sagst zu allem ja, hilfst immer und das sogar ungefragt? Nein sagen fällt dir dagegen richtig schwer und du hast Angst, dass andere dir ihre Wertschätzung und Zuneigung entziehen könnten, wenn du es ihnen nicht recht machst?

Möglicherweise bist du eine Person, auf die der Begriff „People Pleaser“ zutrifft. Das muss nicht für immer so bleiben! Hier erfährst du, wie du dich auf authentische und gesunde Art abgrenzt, zu dir und deinen Bedürfnissen stehst und trotzdem – oder gerade deswegen – von anderen weiterhin gemocht wirst.

In jedem steckt ein kleiner People Pleaser

Wir Menschen sind soziale Wesen und damit von anderen in einem gewissen Maß abhängig. Diese Vorstellung mag nicht jedem behagen. Aber wer kann wirklich ganz alleine überleben? Zum einen brauchen wir praktische und/oder finanzielle Unterstützung bei der Bewältigung des Alltags, insbesondere in Krisenzeiten. Zum anderen sind es aber auch emotionale Unterstützung, Nähe und Liebe, die wir von anderen Menschen erhalten und die wir zum Überleben brauchen.

Kein Wunder also, dass es uns wichtig ist, dass andere uns mögen. Wenn wir uns völlig verlassen und einsam fühlen, werden existenzielle Ängste getriggert. Somit hat jeder von uns eine natürliche Tendenz dazu, sich mit anderen gutzustellen und harmonische Beziehungen aufzubauen. Problematisch wird es allerdings, wenn der Wunsch nach Gefallen und Harmonie zur regelrechten Harmoniesucht wird. Denn People Pleasing verursacht nachgewiesenermaßen psychischen Stress, wie eine australische Studie herausfand.

Was hilft bei People Pleasing?

Im Video fasst Julia Pedak es für dich zusammen:

Was bedeutet „People Pleasing“?

„People Pleasing“ ist Englisch und heißt übersetzt etwa „den Menschen gefallen“. Es bezeichnet ein Verhalten, das sich durch eine übermäßige Anpassung an die Erwartungen anderer auszeichnet. People Pleaser streben danach, akzeptiert, geliebt oder zumindest nicht abgelehnt zu werden. Um das zu erreichen, lesen sie anderen oft die Wünsche von den Augen ab – ignorieren dafür aber ihre eigenen Bedürfnisse.

Vielfach befürchten People Pleaser, dass ihre Entscheidungen oder ihre Meinung zu Konflikten führen könnten, wenn diese anderen Menschen missfallen. Daher versuchen sie, solche Meinungsverschiedenheiten zu vermeiden, was im Extremfall zur Selbstverleugnung und Unterwerfung führen kann.

Beispiele für People Pleasing

Folgende anonymisierten* Beispiele aus meiner Beratung geben dir Orientierung, wie sich People Pleaser verhalten und in welchem Kontext People Pleasing auftreten kann:

People Pleasing

In diesen Situationen agieren Menschen häufig als People Pleaser

People Pleaser Beispiele

In Familien ist es sicherlich schön, wenn Verwandte füreinander da sind. Die Fürsorge für andere kann bei People Pleasing aber zu mangelnder Selbstfürsorge führen. So wie bei Max* (44). Er kam zu mir, weil er sich gestresst fühlte. Bei der Analyse seiner Stressoren stellte sich schnell heraus, dass er für alle anderen da war:

Wenn seine Mutter wegen PC-Problemen am Sonntagabend anrief, wenn sein 16-jähriger Sohn zu einem Freund gefahren werden wollte, wenn seine Frau sich das Betanken des Autos nicht selbst zutraute … Max konnte man immer fragen. Umgekehrt traute er sich aber nicht, andere um Hilfe zu bitten, weil er dies für ein Zeichen von Schwäche hielt – bis er Sorge hatte, einen Burnout zu bekommen.

So kam es, dass er zu mir für ein Coaching kam, um Lösungen für eine Abgrenzung zu finden.

Auch bei Freundschaften finden sich manchmal ähnliche Muster: Sandra* (38) war im Freundeskreis die Organisatorin. Mädelsabend, Junggesellinnenabschied, gemeinsamer Reiturlaub oder Hilfe beim Umzug – sie übernahm bei allen Aktivitäten gerne die Federführung.

Das Lob der anderen Freundinnen tat ihr gut und war wie Balsam für ihre Seele. Wenn es aber ausblieb, überkamen Sandra tiefe Selbstzweifel, ob sie einen Fehler gemacht oder die anderen verärgert hätte. Es ging so weit, dass sie nachts nicht mehr richtig schlafen konnte, weil sie grübelnd wach lag. In der Folge davon wurde sie tagsüber müde und unkonzentriert, sodass sie tatsächlich Fehler machte – und die Selbstvorwürfe weiter zunahmen.

Erst als ihr eine Schulfreundin, die sie lange nur sporadisch gesehen hatte, von außen die Dynamik spiegelte, erkannte Sandra, dass sie einen Hang zum People Pleasing hatte, der ins ungesunde ging.

Schmerzlich ist es oft auch, wenn People Pleasing in Partnerschaften auftritt. Das kann einseitig sein und wird dann auch häufig als „toxische Beziehung“ bezeichnet, in der ein Partner viel gibt und der andere fordert und nimmt.

Es gibt aber auch Paare wie Anna* (28) und Fabian* (31), die sich gegenseitig alles rechtzumachen versuchen und dabei ihre eigenen Bedürfnisse vernachlässigen. Bei den beiden kam es vor, dass Anna auf ihren Yogakurs verzichtete, damit sie am Abend zusammen mit Fabian einen Film schauen konnte. Fabian wiederum sagte Verabredungen mit seinem besten Freund ab, damit er mit Anna einen gemütlichen Filmabend verbringen. Beide nahmen an, dass dem anderen dieser spezielle Film sehr wichtig sei – und Paarzeit ja sowieso.

Erst als Anna zu mir in die Beratung kam und von ihrer zunehmenden Unzufriedenheit mit sich und der Beziehung berichtete, stellte sich heraus, das beide eigentlich gar keine Lust auf den Film gehabt hatten. Sie hatte ihre eigentlichen Bedürfnisse zugunsten der angenommenen Bedürfnisse des jeweiligen Partners zurückgestellt. Was gut gemeint war, ging nach hinten los. Heute arbeiten beide daran, ihre Bedürfnisse zu äußern und eine gesunde Mischung aus Paarzeit und Metime zu finden.

People Pleasing gegenüber Vorgesetzten kann ebenfalls vorkommen. So wie bei Senta* (34): Sie nahm ihrer Chefin alles ab, worum diese bat, und sogar noch mehr. In vorauseilendem Gehorsam las Senta ihrer Vorgesetzten jeden Wunsch von den Lippen ab und dachte nicht nur mit, sondern immer auch einen Schritt voraus. Das machte Senta unentbehrlich.

Die Chefin verließ sich mit der Zeit mehr und mehr auf sie und war dann umso enttäuschter, wenn Senta einmal nicht „mitgedacht“ hatte. Dass Senta dafür jeden Tag Überstunden machte und auch am Wochenende Arbeit nach Hause nahm, wusste die Chefin nicht. Denn das trug Senta nicht im Zeiterfassungssystem ein, damit niemand auf die Idee käme, dass sie zu langsam arbeite.

Erst als Senta in einem Meeting weinend zusammenbrach und danach mit einer Kollegin sprach, konnte sie sehen, dass etwas nicht stimmte, und suchte sich Unterstützung im Coaching bei mir.

Auch in der Kommunikation mit Kunden ist People Pleasing keine Seltenheit. Vielfach wird ein kundenfreundliches bzw. serviceorientiertes Verhalten von Mitarbeitenden erwartet. Als George (42) zu mir ins Coaching kam, hatte er 20 Jahre lang im Vertrieb und als Projektleiter gearbeitet und den Satz „der Kunde ist König“ geradezu perfektioniert. Da er keine Partnerschaft und keine Kinder hatte, fiel es auch kaum auf, dass er die meisten Abende im Büro verbrachte. Er war stets freundlich und ließ selbst die schlimmsten Tiraden cholerischer Kunden an sich abperlen. Die Kollegen sahen ihn als Vorbild, als „Kundenflüsterer“.

Das funktionierte so lange, bis George Nina kennenlernte, mit ihr Zeit verbringen wollte und mit ihr auch begann, über seine Gefühle und Zukunftswünsche nachzudenken. George musste erschrocken feststellen, dass er gar keine Wünsche hatte, weil er so sehr damit beschäftigt war, die Wünsche anderer zu erfüllen. Für George war schließlich eine Karriereberatung hilfreich, in der er neue Orientierung und schließlich einen für ihn gesünderen Job in einer Verwaltung fand.

In Teams kann es vorkommen, dass mehrere People Pleaser aufeinandertreffen. Die Dynamik kann ähnlich sein wie bei Paaren, bei denen jeweils der eine das Beste für den anderen will und am Ende keiner zufrieden ist.

Das kann sich darin äußern, dass einer die Arbeit des anderen übernehmen möchte und diese dann doppelt gemacht wird. Es kann auch sein, dass keiner sich traut, seine eigene Meinung zu äußern, sodass sich Entscheidungsprozesse in die Länge ziehen oder Konflikte unter der Oberfläche gären.

Einen Ausweg aus der People-Pleaser-Falle kann hier ein Team-Coaching sein, in dem das Team in einem begleiteten Prozess die eigene Team-Dynamik reflektieren und Verhaltensmuster verändern kann.

* Alle Namen in den obigen Beispielen wurden aus Anonymitätsgründen geändert.

Warum sind nicht alle Menschen People Pleaser?

Die Ursprünge von People Pleasing liegen vermutlich in früheren ungünstigen Bindungserfahrungen, zum Teil – aber nicht nur – auch in der Kindheit. Menschen, die sich z.B. in ihrer frühen Entwicklung stark an die Erwartungen von Eltern, Lehrern oder anderen Autoritäten anpassen mussten, entwickeln oft People Pleasing als Überlebensstrategie: Wenn sie brav und artig waren, gab es Zuneigung, Anerkennung und Fürsorge oder zumindest nicht das Gegenteil.

Solche Erfahrungen können sich auch durch Partnerschaften oder Jobs bilden, in denen ein stark hierarchisch-patriarchales System vorherrscht. Hierbei spielen auch unsere Sozialisation und Kultur eine große Rolle: Oft wird vor allem von Frauen erwartet, dass sie freundlich, nachgiebig und hilfsbereit sind. Auf jeden Fall würden sich laut einer Umfrage von YouGov mehr Frauen als People Pleaser bezeichnen als Männer dies tun würden. Dass solche Normen das People-Pleasing-Verhalten zusätzlich verstärken können, legt auch Spektrum mit Verweis auf Studien nahe.

Umfrage von YouGov:

Würden Sie sich selbst als „People Pleaser“ bezeichnen?

Wurde People Pleasing lange genug als erfolgreiche Lösungsstrategie angewandt, kann sich dieses Verhalten wie eine Art Automatismus verselbstständigen: Auch wenn es die Situation heute nicht mehr erfordert, tendieren Menschen mit der entsprechenden Vorerfahrung weiterhin zum People Pleasing – und empfinden dies dann zunehmend als Belastung. Die gute Nachricht: Verhalten, das erlernt wurde, kann man auch wieder umlernen!

Bist du ein People Pleaser? Mach den Test!

People-Pleaser-Test

Starte den Test mit einem Klick auf den Button und beantworte die folgenden 20 Fragen intuitiv. Das Ergebnis wird dir am Ende automatisch berechnet. Dafür musst du nichts zahlen und dich nicht anmelden.


Geschafft! Du hast alle Fragen beantwortet und kannst sie jetzt auswerten lassen.



10 Typische Merkmale von People Pleasing

People Pleasing ist ein Verhaltensmuster, das sich durch bestimmte erlernte Verhaltensweisen auszeichnet. Charakteristische Merkmale sind:

Typisch für People Pleaser:

Anzeichen für People Pleasing

People Pleaser sind oft ganz besonders freundlich und zuvorkommend – gegenüber allen anderen außer sich selbst. Das heißt, sie bleiben auch dann noch lieb, nett und zuvorkommend, wenn sie sich in einer Situation schon längst unwohl fühlen. Statt die Situation oder die anderen Beteiligten infrage zu stellen, zweifeln sie an sich und meinen, dass sie sich noch mehr anstrengen und noch gefälliger sein müssten.

Klare persönliche Grenzen ziehen und Nein sagen fällt People Pleasern schwer. Sie neigen dazu, viel Verantwortung zu übernehmen – auch für Dinge, die sie eigentlich gar nicht schaffen können. Sie sind überzeugt, dass sie immer für andere da sein müssen. Dabei vergessen sie sich selbst oft und werden eventuell sogar von anderen ausgenutzt. Wer nur für andere sorgt, aber nicht für sich selbst, hat allerdings ein erhöhtes Burnout-Risiko, da das Überengagement auf Dauer alle Kraft kostet.

Meist haben Menschen mit Hang zum People Pleasing Angst davor, von anderen abgelehnt oder kritisiert zu werden. Sie gehen Konflikten daher entweder von vornherein aus dem Weg oder geben im Streitfall als erste nach. Oft stellen sie dafür ihre eigenen Bedürfnisse hintenan. Es ist für sie äußerst wichtig, von allen anderen gemocht und bestätigt zu werden. Ist dies einmal nicht der Fall, überkommen sie tiefe Selbstzweifel.

Wer zum People Pleasing neigt, versucht oft, sich an die Erwartungen anderer anzupassen. Das betrifft sowohl das Verhalten, z.B. Hilfsbereitschaft zeigen, als auch die Meinungen von anderen zu übernehmen. Denn eine eigene Meinung, die von der Meinung der anderen abweicht, könnte zu Konflikten führen. Und diese wollen People Pleaser unbedingt vermeiden. Auf Dauer kann so ein Verlust des Kontakts zu sich selbst und den eigenen Bedürfnissen entstehen.

Neben der Übernahme der Meinung von anderen gibt es noch eine weitere Anpassungsform, die typisch für People Pleaser ist: Sie stimmen fast immer anderen zu. Das reicht von einem bestätigenden Kopfnicken bis hin zu übertriebenen Komplimenten für die guten Ideen, die die anderen haben. Die eigenen Ideen werden dagegen gar nicht erst geäußert oder im Vergleich mit denen der anderen abgewertet.

Wer es anderen recht machen und ihnen gefallen will, neigt häufig dazu, eigene Bedürfnisse zugunsten anderer hintenanzustellen. Das kann sich wie ein Opfer anfühlen, welches People Pleaser aber bereitwillig geben. Denn sie stellen das Wohlbefinden anderer Menschen über ihr eigenes. Gleichzeitig kann häufige Selbstaufopferung mit der Zeit zu tiefem Verdruss führen, insbesondere wenn die Anerkennung dafür ausbleibt.

Das klingt vielleicht zunächst paradox: People Pleaser wollen doch anderen gefallen und müssten daher zu Kompromissen bereit sein. Ein Kompromiss würde allerdings mindestes zwei Seiten berücksichtigen: die eigenen Wünsche und die eines anderen. Da People Pleaser ihre eigenen Wünsche jedoch nicht berücksichtigen, kann kein Kompromiss zustande kommen. Es bleibt nur die Unterwerfung, die auf Dauer weder gesund noch befriedigend ist – und das meist für beide Seiten.

Hinter dem großen Wunsch, anderen zu gefallen, steckt ein starkes Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung durch andere Menschen. Sei es, weil People Pleaser früher zu wenig davon erhalten haben, sei es, weil sie nur durch Unterwerfung Zuneigung bekamen: Sie benötigen die Bestätigung anderer, um sich geliebt und wertvoll zu fühlen. Ohne diese externe Bestätigung zweifeln sie an ihrem Selbstwert und fühlen sich unsicher. Selbstbewusstsein und Selbstliebe fallen ihnen meist sehr schwer.

Mit dem Wunsch, es anderen rechtzumachen, geht oft auch ein Hang zum Perfektionismus einher. People Pleasing heißt dann nicht nur, dass Betroffene für andere da sind und Verantwortung übernehmen. Sie wollen außerdem alle Aufgaben perfekt erledigen, um anderen zu gefallen bzw. um möglicher Kritik und damit antizipierter Ablehnung entgegenzuwirken. Da kein Mensch immer alles richtig und perfekt machen kann, wird dieser hohe Selbstanspruch schnell zu einer Belastung.

Wenn es einmal nicht gelingt, anderen zu gefallen – was unweigerlich immer wieder einmal der Fall sein wird – entwickeln People Pleaser oft große Schuldgefühle. Sie plagen sich mit Gedanken darüber, was sie anders hätten machen können. Sie schämen sich für ihr „Versagen“ und fühlen sich klein und wertlos. Meist versuchen sie ihren vermeintlichen „Fehler“ dann wieder gutzumachen, indem sie das People Pleasing verstärken. Das führt zu einem Teufelskreis, aus dem man aber ausbrechen kann!

Bist du ein Perfektionist?

Viele People Pleaser haben über Jahre hinweg erfahren, dass sie nur gemocht werden, wenn sie die Erwartungen anderer erfüllen. Daher neigen sie neben der Tendenz zur Selbstaufopferung auch häufig zu Perfektionismus. Im Antreiber-Test kannst du herausfinden, wie stark dein Hang zum Perfektionismus ausgeprägt ist.

Zum Test

Die Nachteile von People Pleasing: Vom Gefallen-wollen zur Selbstausbeutung

Auf der einen Seite werden People Pleaser für ihre Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft geschätzt und bekommen dadurch die Bestätigung, die ihnen so guttut. Auf der anderen Seite bringt People Pleasing aber auch viele Nachteile mit sich:

Erschöpfung:

Das Bemühen, den Erwartungen anderer gerecht zu werden, kann sehr anstrengend werden – sowohl körperlich als auch psychisch. Denn es kostet Kraft, immer für andere da zu sein. Erholung bleibt zudem meist ebenfalls auf der Strecke. So entsteht Stress, der sich negativ auf die innere Balance und das Wohlbefinden auswirken kann. Die Fähigkeit zur Erholung und die eigene Resilienz nehmen ab, was wiederum den Stress verstärkt.

Identitätsverlust:

Wer ständig versucht, es anderen recht zu machen, verliert eventuell die eigenen Wünschen und Bedürfnissen völlig aus dem Blick und schließlich sogar den Bezug zu sich selbst. Irgendwann wissen Betroffene dann gar nicht mehr, was sie wollen oder was sie sich erlauben dürfen. Die Authentizität fehlt, die Betroffenen entfremden sich von sich selbst und die eigene Identität wird immer unklarer.

Unzufriedenheit:

Wenn sich People Pleaser immer mehr über die Anerkennung anderer definieren, fällt es ihnen schwer, ein gesundes Selbstwertgefühl zu entwickeln. Statt Selbstliebe und Selbstfürsorge entstehen Selbstausbeutung und eventuell sogar Hass auf die eigene „Unvollkommenheit“.

Gestörte Beziehungen:

Mit People Pleasing in Extremform begünstigen Betroffene Beziehungsdynamiken, die allgemein als toxisch oder narzisstisch bezeichnet werden. People Pleaser übernehmen dann den Part derjenigen, die mehr in die Beziehung investieren als sie zurückbekommen und empfinden sich als Opfer. Das kann in privaten Beziehungen passieren, aber auch in beruflichen Situationen. Umgekehrt kann das Gegenüber von People Pleasern den permanenten Einsatz auch als erdrückend oder bevormundend empfinden und sich dann zurückziehen.

Körperliche Auswirkungen:

Der anhaltende Frust und Stress kann sich auch körperlich zeigen. Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Magenprobleme und ein geschwächtes Immunsystem sind einige Beispiele, die entstehen können. Dies sind keine direkten Symptome des People Pleasing, sondern sozusagen Symptome zweiten Grades, die infolge des stressigen Lebensstils und Verhaltens entstehen.

In 3 Schritten aus der Harmoniefalle

People Pleasing ist ein Verhalten, das Betroffene über viele Jahre trainiert haben. Mit etwas Geduld und Übung kann dieses Verhalten also auch wieder verändert werden. Wenn du dich selbst als People Pleaser bezeichnen würdest und aus diesen Mustern aussteigen willst, helfen dir die folgenden Schritte:

Raus aus der People-Pleasing-Falle

Mit diesen 3 Schritten änderst du dein Verhalten

3 Schritte aus dem People Pleasing

1. Awareness schaffen

Mach dir zunächst klar, dass du die Tendenz hast, es anderen oft rechtzumachen und sie zufriedenstellen möchtest. Das ist an sich ja auch nichts Schlechtes, nur ein zu viel davon kann dir und deiner Gesundheit auf Dauer schaden.

Überlege dir nun, in welchen Situationen und bei welchen Menschen du mehr oder weniger in die People-Pleaser-Rolle schlüpfst. Dabei kannst du vielleicht auch schon erkennen, ob du zu einem der beiden People-Pleaser-Typen gehörst:

Bei Menschen, von denen dieser Typ etwas direkt braucht bzw. von deren Wohlwollen dieser Typ abhängig ist, versucht er besonders zu gefallen und stellt dafür eigene Bedürfnisse und Wünsche zurück.

Das kann gegenüber Vorgesetzten sein, die über die nächste Beförderung oder Kündigung entscheiden, bei Ärzten, die den Lebensstil beurteilen, bei Lehrern, die Noten verteilen oder auch bei Freunden und in Partnerschaften, wo Liebe und Zuneigung auf dem Spiel stehen. Beziehungsdynamiken sind hier oft von Machtgefällen geprägt, bei denen dieser Typ in die Position mit weniger Macht geht.

Besonders bei hilfsbedürftigeren und vermeintlich schwachen Personen opfert sich dieser Typ schnell auf und gibt alles, um den anderen zu helfen. Dabei kann es sein, dass sich die anderen überrumpelt fühlen oder sogar bevormundet, weil dieser Typ ungefragte „Wohltaten“ vollbringt, die vielleicht gar nicht gewünscht waren. Das Machtgefälle in Beziehungen sieht hier oft so aus, dass dieser Typ die mächtigere Position einnimmt.

Bei den beiden Typen handelt es sich um Tendenzen. Es kann auch sein, dass manche Menschen zwischen diesen Typen je nach Situation wechseln oder nur Teile davon in unterschiedlichem Ausmaß zutage treten. Solche wechselnden Ausrichtungen von Machtgefällen sind in Beziehungen außerdem sogar normal: Manchmal ist eine Person engagierter und kümmert sich um die andere, ein anderes Mal erhält sie Unterstützung. Kritisch wird es, wenn wie bei extremen People Pleasern eine einseitige Beziehungsdynamik entsteht, die die Beteiligten als störend und belastend erleben.

2. Verhalten & Auswirkungen analysieren

Wenn du dein Verhalten reflektierst, kannst du dir im nächsten Schritt auch anschauen, welche Ergebnisse du damit letztendlich erzielst. Wirst du durch Überengagement oder Unterwürfigkeit beliebter oder erlebst weniger Zurückweisung? Und was kostet dich die ständige Anpassung auf Dauer?

In der Regel fällt die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht so aus, dass sich ein Fortführen des People-Pleasing-Verhaltens lohnt. Logisch ist das schnell erfasst. Was einer Verhaltensänderung meist im Wege steht, sind die unbewussten und von außen betrachtet oft irrational erscheinenden Sorgen von People Pleasern. Hierauf lohnt sich ein genauerer Blick:

  • Liste einmal auf, welche Befürchtungen du hast. Was könnte im schlimmsten Fall passieren, wenn du den anderen nicht mehr gefällig bist?
  • Und welche Bedürfnisse stehen mit diesen Sorgen in Zusammenhang? Hast du vielleicht Angst, keine Anerkennung oder Wertschätzung zu erhalten oder allein zu sein? Schreib auch das auf!
  • Versuche in der nächsten Zeit, dich selbst zu beobachten und zu entdecken, wann deine Bedürfnisse aufkommen, welche Gedanken und Befürchtungen durch deinen Kopf gehen. Du musst noch nichts verändern, es geht zunächst nur ums Beobachten.

Um sich von der People-Pleaser-Mentalität zu lösen, ist ein Perspektivwechsel notwendig, den du durch diese Überlegungen und Beobachtungen anstoßen kannst. Als nächstes geht es dann in die konkrete Umsetzung neuer Verhaltensweisen.

3. Veränderung anstoßen

Mach dir noch einmal klar, dass du für dein Leben und das Erfüllen deiner Bedürfnisse selbst Verantwortung übernehmen darfst. Indem du dich anderen unterordnest oder dich selbst für sie zurückstellst, übernimmst du mehr Verantwortung für deren Wohlbefinden und machst dich von ihnen abhängig. Das kannst du trainieren, z.B. durch folgende Tools:

Darauf-bin-ich-stolz-Tagebuch:

Notiere dir jeden Abend, was du an dem Tag gut gemacht hast und auf welche deiner Handlungen du stolz bist. Achte darauf, dass es wirklich deine eigene Leistung ist und nicht eine zufällige. Das stärkt dein Selbstwertgefühl und macht dich mit der Zeit weniger abhängig von der Wertschätzung anderer.

Nein-sagen üben:

Insbesondere wenn du anderen oft einen Gefallen machst, kann sich diese Übung für dich lohnen. Übe zunächst in für dich weniger wichtigen Situationen, etwas bewusst abzulehnen: Wenn dir jemand z.B. einen Kaugummi anbietet oder du beim Bäcker gefragt wirst, ob es noch etwas sein darf, antworte ganz bewusst „Nein, danke“. Spüre in dich, wie sich diese selbstbewusste Abgrenzung anfühlt. Wenn es gut klappt, such dir eine neue Challenge mit einer schwierigeren Situation.

Bedürfnisse aussprechen:

Übe, anderen mitzuteilen, wie es dir geht und was du gerade brauchst. Auch hier kannst du im Kleinen anfangen und z.B. zunächst aussprechen, was schon offensichtlich ist, z.B. „Ich habe Durst.“, wenn du dir etwas zum Trinken holst, oder „Ich bin müde.“, wenn du ins Bett gehst. Das fällt den meisten Betroffenen am Anfang leichter und hilft auch dabei, die eigenen Bedürfnisse überhaupt achtsam wahrzunehmen. Mit der Zeit suchst du dir dann auch hier schwierigere Situationen, z.B. warum du mit Freunden in ein anderes Café gehen möchtest als das, welches sie vorgeschlagen haben.

Diese Übungen können sich am Anfang ungewohnt oder unbequem anfühlen – das ist ganz normal. Veränderung ist ein Prozess, dem du Zeit geben darfst. Wenn du das Gefühl hast, alleine gar nicht weiterzukommen, kannst du dir professionelle Hilfe suchen, z.B. in Form von Coaching.

Tools für People Pleaser

Vorlagen und Anregungen zum Journaling, Übungen rund um dein Beziehungsnetz und zum Stärken deines Selbstbewusstseins findest du auch im Work-Life-Balance Übungsbuch.

Zum Buchshop

Nimmt People Pleasing zu?

In meiner Praxis als Coach höre ich den Begriff People Pleasing in letzter Zeit immer öfter: „Ich bin ein People Pleaser.“, „Wir sind ein Team von People Pleasern.“ Nimmt das Phänomen also zu? Jein. Da wir als Menschen in Gruppen interagieren, lernen wir von Klein auf, sozialen Regeln zu folgen. Das sichert uns das Wohlwollen unserer Mitmenschen und ist unsere Absicherung für Zeiten, in denen wir auf die Hilfe anderer angewiesen sind.

Soziale Regeln unterliegen allerdings einem Wandel: Bis weit ins 20. Jahrhundert und auch heute noch finden sich vielfach streng hierarchisch gegliederte Systeme, in denen People Pleasing kaum auffiel: In der Familie, wo Kinder den Eltern gehorchen sollen, in patriarchal geführten Unternehmen, wo Mitarbeitende dem Vorgesetzten unterstellt sind, in der Gesellschaft, wo (meist) Frauen weniger Rechte als Männer hatten bzw. noch immer haben.

Heute verschiebt sich der Fokus: Kinder und junge Erwachsene (GenZ) werden häufiger zu selbstbestimmteren Menschen erzogen, Partnerschaften setzen vermehrt auf Augenhöhe und Unternehmen versuchen sich in flachen Hierarchien. Unabhängig davon, ob diese Modelle in der Realität funktionieren, schaffen sie ein größeres Bewusstsein für Selbstbestimmung, Selbstfürsorge und Abgrenzung. Die alten Muster sitzen allerdings oft über Generationen hinweg tief in unserer Gesellschaft und in Erziehungsstilen und treffen auf dieses neue Bewusstsein. Somit gibt es nicht unbedingt mehr People Pleaser, aber mehr Awareness für People Pleasing – und das ist wiederum die Basis für Veränderungen.

Julia Pedak: Work-Life-Balance Coaching & Beratung

Hast du Fragen?

Wenn du mehr erfahren möchtest, nimm gerne Kontakt mit mir auf:
Ich freue mich über deine Nachricht!

Kontakt aufnehmen